Geschichte der Synagoge

ההיסטוריה של בית ההכנסה

Erste Erwähnung einer Synagoge

Östlicher Bereich der ummauerten Stadt Hechingen, Kupferstich von Matthäus Merian, um 1650, gemeinfrei
Östlicher Bereich der ummauerten Stadt Hechingen, Kupferstich von Matthäus Merian, um 1650

In einem Lagerbuch der damaligen Grafschaft Hohenzollern aus dem Jahr 1544 ist eine "Juden Schuol" erwähnt, die sich "hinden by der statmurh" (hinten bei der Stadtmauer) befand[1].

 

Unter "Judenschuol" ist eine Synagoge zu verstehen, denn auf Jiddisch heißt eine Synagoge "Schul" (שול). Zwei Jahre später ging diese "Judenschul" in das Eigentum der ersten jüdischen Gemeinde Hechingen über. Sie wird bis 1619 erwähnt.

 

Wo die zweite jüdische Gemeinde, die sich in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg konstituierte, ihre Gottesdienste in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens abhielt, ist uns noch nicht bekannt.

 

Jetzige Synagoge

 

Die jetzige Synagoge Hechingen an der südöstlichen Ecke der ummauerten Stadt geht auf ein Haus in der Goldschmiedstraße zurück, dass die jüdische Gemeinde im Jahr 1742 kaufte und als Synagoge einrichtete.

Der zentrale Raum der jetzigen Synagoge entsteht

Die Lage der jetzigen Synagoge an der früheren südöstlichen Stadtmauer in der Goldschmiedsstraße 20. - Aus: Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde, ZHG 20/1984, Seite 155, Abb. 2
Die Lage der jetzigen Synagoge an der früheren südöstlichen Stadtmauer in der Goldschmiedsstraße 20.

An der Stelle dieses Vorgängerbaues errichtete die jüdische Gemeinde Hechingens im Jahr 1767 in der Goldschmiedstraße eine neue Synagoge an der Stadtmauer. Zwar sind Ausgaben urkundlich als Reparaturkosten erwähnt, den Summen und dem Anteil frisch geschlagenen Bauholzes nach war dies faktisch ein Neubau. Aus der dendrochronologischen Untersuchung her wissen wir, wann das verwendete Holz geschlagen wurde und können einschätzen, wann es verbaut wurde. Wir haben Kunde von einem damals quadratischen Versammlungsraum der Männer, von einer "Weiberschul" bzw. "zwei ... Frauensynagogen"[2], und einer Vorsängerwohnung in diesem Neubau. Unter der "Weiberschul" oder den "Frauensynagogen" ist eine gesonderte Möglichkeit für Frauen zu verstehen, dem Gottesdienst - getrennt von den Männern - beiwohnen zu können.

Weitere Synagogen

"Die Hechinger Münze", Federzeichnung von Rolf Johannsen, aus "das bunte Blatt" v. 19./30. Mai 1937.- Aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996, S. 45, gemeinfrei
"Die Hechinger Münze", Federzeichnung von Rolf Johannsen

Die Synagoge in der Goldschmiedstraße, die früher "Judengasse" hieß, war nicht die einzige Synagoge der Hechinger Judengemeinde. In dem Kaulla'schen Lehrhaus in der "Münz" war eine Talmudschule eingerichtet, die auch der spätere Schriftsteller Berthold Auerbach als Schüler besuchte. Er wohnte dort bei Stiftsrabbiner Nathan Reichenberger und sollte Rabbiner werden.

Das von der Familie Kaulla gestiftete Lehrhaus in der "Münz" beinhaltete bis zum Jahr 1848 ein Zimmer, das als Synagoge diente: die "Stiftssynagoge". Als die Familie Kaulla diese Stiftung aufhob, wurden die Torarollen und die Vorhänge des Toraschreins in die Synagoge in der Goldschmiedstraße gebracht.

 

Zudem gab es auch in der Friedrichstraße in der Zeit, als dort ein Getto bestand, eine Synagoge (in gottesdienstlicher Funktion von 1803 - 1870) mit Bad-, Wasch- und Schlachthaus sowie einer "Judenherberge". Im Getto lebte die ärmere jüdische Bevölkerung, die allerdings dem hohenzollerischen Landesherrn höhere Abgaben zahlen musste, als die reicheren Juden in der Stadt.

Synagoge im Getto Friedrichstraße (ganz rechts). Ausschnitt aus einem Kupferstich von J.H. Bleuler. - Aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996, S. 24, gemeinfrei
Synagoge im Getto Friedrichstraße (ganz rechts), dahinter die Stadt mit Stiftskirche und der Zoller. Ausschnitt aus einem Kupferstich von J.H. Bleuler, um 1800.

Neue Gottesdienstordnung

"Leitfaden für den isr.[aelitischen] Religionsunterricht. Besonders geeignet für den Konfirmanden-Unterricht" - Die Worte "israelitisch" und "Konfirmanten" belegen den Anpassungsdruck
"Leitfaden für den isr.[aelitischen] Religionsunterricht. Besonders geeignet für den Konfirmanden-Unterricht" - Die Worte "israelitisch" und "Konfirmanden" belegen den Anpassungsdruck und die Vermeidung des Wortes "jüdisch"

Durch einen Beschluss vom 21. März 1839 wurde im damaligen Fürstentum Hohenzollern die im Königreich Württemberg geltende Gottesdienstordnung eingeführt, die von der "königlich württembergischen israelitischen Oberkirchenbehörde" festgelegt wurde. Statt von "Bar Mizwa" sprach man von "Catechisation" und von "Catechumenen" oder "Konfirmanden". Unter anderem am Namen dieser Behörde und an der Wortwahl im zugehörigen Zeitungsartikel der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" im Zusammenhang mit der Bar Mizwa kann man ablesen, dass zu jener Zeit von den jüdischen Gemeinden in offiziellen Benennungen das Wort "israelitisch" gegenüber von "jüdisch" bevorzugt wurde. Auch war man offensichtlich bestrebt, den "Kirchen" gleichgestellt zu werden. In diesem Jahr lief auch der auf 40 Jahre beschränkte "Schutzbrief" des hohenzollerischen Fürsten aus, der den Juden gegen Zahlung eines "Judenschutzgeldes" unter anderem den G''ttesdienst erlaubt hatte.

Unter den Rabbinern ist vor allem Dr. Samuel Mayer zu erwähnen, der gegen anfänglichen Widerstand die Gemeinde in Richtung des Reformjudentums entwickelte. Ein Synagogenchor und ein Harmonium prägte fortan bis 1938 den Gottesdienst.

Erweiterung der Synagoge

Synagoge in der Goldschmiedstraße ab 1850-1852, Randbild eines Sammelbildes, aus: Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde, ZHG 20/1984, Seite 147, gemeinfrei
Synagoge nach 1852

Von 1850 bis 1852 wurde die Synagoge umfassend erneuert und erweitert. Zwanzig Jahre zuvor war mit dem Bau des bergaufwärts benachbarten Schul- und Gemeindehauses die Vorsängerwohnung in der Synagoge entbehrlich geworden, sodass auch von daher mehr Platz zur Vefügung stand, denn der Vorsänger hatte nun eine Wohnung im Gemeindehaus. An den Baukörper aus dem Jahr 1767 wurde eine Empore und Galerien für 96 Frauenplätze angebaut. Der Gebetsraum der Männer wurde dadurch ebenfalls beträchtlich erweitert und umfasste nun 160 Plätze, so genannte "Männersynagogenstände"[3]. Die Synagoge erhielt ihre Innenbemalung im maurischen Stil. Auf dem Dach drehte sich eine Engelsfigur im Wind, die in eine Posaune oder ein Schofar blies. Dies war etwas ganz Besonderes unter den Synagogen.

Ihre neoklassizistische Fassade und ihr dreitoriges Portal erhielt die Synagoge bei einer Renovierung, die im Jahr 1881 durchgeführt wurde.

Das "Notizblatt der Gesellschaft für Erforschung jüdischer Kunstdenkmäler" beschreibt im Jahr 1929 die Synagoge folgendermaßen: "ein Fachwerkbau, freistehend mit einer 3stufigen Treppe zum Betraum. Abmessungen: 15 m lang, 12 m breit, 14 m bzw. im Innern 7 m hoch. Nebengebäude sind nicht vorhanden. Die Decken sind bemalt, die Glasfenster bunt. Die Synagoge hat 160 Männerplätze, 96 Frauenplätze. Der Almemor [Pult für die Toralesung] steht nicht in der Mitte. Der Aron hakodesch [Toraschrein] ist nicht näher beschrieben. Eine Gefallenen-Gedenktafel wird ohne nähere Angabe erwähnt...".[4]

Rabbinatsverweser Leon Schmalzbach (1882-1942) - Foto: Stadtarchiv Hechingen, aus: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996, S. 162
Rabbinatsverweser Leon Schmalzbach (1882-1942), Foto: Stadtarchiv Hechingen

Nach dem Tod von Rabbiner Dr. Samuel Mayer (1875) wurde das Rabbinat Hechingen nicht mehr besetzt.

 

Die Religionslehrer fungierten seitdem gleichzeitig als Rabbinatsverweser. Der letzte Rabbinatsverweser, Leon Schmalzbach, kam in der Shoa ums Leben.

 

Die Überlebende Meta Jaschkowitz geb. Eppstein teilte mit: "Schmalzbach, unser guter Lehrer, ist gleich im Jungfernhof bei Riga verhungert und gestorben".[5]

Zeit des Nationalsozialismus

Einige hundert nicht uniformierte Mitglieder der HJ und des BdM störten am 26. Juni 1935 eine Kulturveranstaltung so stark mit Sprechchören und Fanfaren, dass diese abgebrochen werden musste. Sie organisierten  unter Beisein von Kreisleiter Dr. Johannsen und Ortsgruppenleiter Weidle Sprechchöre wie: "Juda verrecke!", "Nieder mit den Juden!", "Raus aus Deutschland!", "Sie sind Deutschlands Verderb mit ihren krummen Nasen!" und versuchten, in die Synagoge einzudringen. Als sich der Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Fabrikant Emil Weil, zeigte, wurde ihm zugerufen: "Da ist der Sauhund!":

 

Vom 9. auf den 10. November wurde im Jahre 1938 die gesamte Inneneinrichtung der Synagoge von Hechinger und Reutlinger SA-Männern völlig zerstört. Carl Hamburger, der im benachbarten Haus wohnte, erläuterte: "Sicherlich wäre das Gotteshaus in Brand aufgegangen, wenn nicht Gefahr für die eng angebauten Häuser bestanden hätte"[6]

Zerstörter Innenraum der Hechinger Synagoge 1938, Foto: www.foto-keidel.de - Aus: Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde, ZHG 21/1985
Zerstörter Innenraum der Hechinger Synagoge 1938, Foto: www.foto-keidel.de

Nach der NS-Zeit

"Oh shattered glass, reflection of my shattered soul

What can I do to make you one again?..."[7]

(Rabbi Gustav Buchdahl, Baltimore, 1938 aus Hechingen "ausgewandert")

Die Synagoge als Lagerraum mit Toreinfahrt, Foto: www.foto-keidel.de, alle Rechte vorbehalten! Aus: Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde, ZHG 20/1984: 156
Die Synagoge mit Toreinfahrt, Foto: www.foto-keidel.de

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es keine jüdische Gemeinde mehr in Hechingen. Einige wenige Hechinger Juden hatten die Shoa teils außerhalb, teils innerhalb Hechingens überlebt.

 

Die Synagoge wurde zu anderen Zwecken verwendet, unter anderem als Lagerraum. In den 70er- und 80er-Jahren wurde sie immer baufälliger und drohte zu verfallen. Die Decke mit der Kuppel bog sich bereits nach unten durch.

"Initiative Hechinger Synagoge"

 

Anfang der 70er-Jahre bemühten sich J. Anthony Gray (früher Anton Gfrörer) und Henry Hofheimer (früher Heinz Hofheimer), über den damaligen Bürgermeister Norbert Roth zu erreichen, dass die vom Zerfall bedrohte Synagoge zu einer würdigen Gedenkstätte umgestaltet wird. Anton Gfrörer war im Jahr 1938 mit seiner jüdischen Frau Anneliese Löwengard nach Holland, Heinz Hofheimer ebenfalls 1938 als Zwölfjähriger in die Schweiz geflohen, beide emigrierten darauf in die USA. Die Eltern von Heinz Hofheimer und seine 9-jährige Schwester Edith waren von Hechingen aus ins KZ Jungfernhof bei Riga deportiert und ermordet worden. In den Gesprächen mit diesen beiden Initiatoren hatte Bürgermeister Roth davon geredet, dass die Stadt Hechingen die moralische Pflicht habe, das Vorhaben vorbehaltlos zu unterstützen. Doch die Stadt Hechingen fand sich danach - im Sommer 1972, als der Verkauf konkret wurde - nicht in der Lage, hierfür Geld zur Verfügung zu stellen. Auch ein zweiter Anlauf im Jahr 1975 scheiterte an Bürgermeister Norbert Roth, womit ein Zuschuss von 175.000 DM verloren ging.[8] "1976 resümierte Henry Hofheimer ernüchtert: 'In jahrelanger Tätigkeit und weltweiter Korrespondenz fand ich nichts als Enttäuschung und Gleichgültigkeit überall'". [9]

 

Glücklicherweise engagierte sich drei Jahre später eine Anzahl beherzter Menschen in Hechingen, denen es ein ein Herzensanliegen war, die vom Verfall und Abriss bedrohte Synagoge zu erhalten und einer anderen, angemesseneren Nutzung zuzuführen.

Wilhelm Eckenweiler - Ideengeber und Gründungsvorsitzender der Initiative Hechinger Synagoge, Foto: privat, alle Rechte vorbehalten!
Wilhelm Eckenweiler, Foto: privat

Am 7. Juli 1979 fand im evangelischen Gemeindehaus in Hechingen ein Seminar statt, das die Frage zum Thema hatte: "Wann wird endlich mit der Errichtung eines Dokumentationszentrums zur Kulturgeschichte der Juden im südwürttemberg. Raum in der ehemaligen Synagoge Hechingen begonnen?"[10] Die Katholische und Evangelische Studentengemeinde Weingarten hatte dazu aufgerufen, das Seminar wurde von Prof. Dr. Martin Widmann von der Pädagogischen Hochschule Weingarten geleitet. Die Hechinger Stadträtin Elisabeth Ilg-Reininghaus hatte vor Ort die Vorbereitungen zu diesem Seminar getroffen. Nachdem eine Unterschriftenliste gefertigt war, wusste man nicht so recht, an wen diese gereicht werden konnte. "Dieser Anlass gab uns den zündenden Funken, der überspringen musste, um die Sache aktiv anzupacken", so Wilhelm Eckenweiler.[11] Im selben Monat gründete sich - beflügelt durch das Engagement des "Ideengebers und Gründungsvorsitzenden"[12] Wilhelm Eckenweiler - die "Initiative Hechinger Synagoge" und das Landesdenkmalamt wies die Synagoge als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung aus. Die Gründungsversammlung, die am 24. Juli 1979 stattfand, wurde vorbereitet von Wilhelm Eckenweiler, Dieter Ilg, Dr. Norbert Kirchmann, Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle und Dr. Adolf Vees, die auch - zusammen mit Hans Topitsch - den ersten Vorstand des Vereins bildeten. Erster Vorsitzender war Wilhelm Eckenweiler, 2. Vorsitzender Dr. Norbert Kirchmann, 3. Vorsitzender (bis November 1979) Dr. Adolf Vees. Zu dem Vorstand kam noch ein Beirat dazu: Hartmut Rau, Bernward Müller, Josef Schick, Katja Rambaum und Ulrich Maas.[13] Bis zu seinem Tod 2004 übte Wilhelm Eckenweiler mit großem Engagement dieses Vorstandsamt aus.

Wiederum Entmutigendes

 

Neben dem Hin- und Herschieben und Versanden "im Wirrwarr der Kompetenzen - oder sollte man sagen: der Inkompetenzen verschiedenster Institutionen und Behörden"[14] war 1979 ein Brief von Werner Nachmann, dem damaligen Vorsitzenden des "Zentralrats der Juden in Deutschland", wenig hilfreich, zumal er in der lokalen Presse bekannt wurde. Er betonte, dass es aus seiner Sicht "keinen Wiederaufbau der Synagoge in Hechingen geben" könne.[15]

Die Rettung der Synagoge

 

1982 erwarb die Initiative nach mehreren Rückschlägen die vom Zerfall bedrohte Synagoge. Im Jahr darauf wurde begonnen, die Synagoge umfassend zu renovieren. Im Zuge dieser Arbeiten, die Architekt Wolf Schwab unentgeltlich unterstützte und leitete, wurden im Dachstuhl Überbleibsel einer Genisa entdeckt, und mit ihnen vor allem Reste hebräischer und jiddischer Literatur geborgen.

 

Dazu fundierten quellenbasierte Veröffentlichungen und Vorträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinde und der Synagoge vor allem von Otto Werner seit Anfang der 80er-Jahre das Augenmerk auf die Synagoge und auf die "jüdische Geschichte Hechingens" wie auch auf die Shoa und brachten es in die breite Öffentlichkeit. Besonders die Publikationen und Vorträge über den letzten Rabbinatsverweser und Lehrer Leon Schmalzbach waren zu Beginn wichtig. Vorher war oft zu hören gewesen, alle Juden Hechingens seien ausgewandert, da sie ja reich gewesen wären, und kein Hechinger Jude sei in Lagern umgekommen. Auch war und ist die damals einzige Gedenktafel zweifach abgesperrt auf dem jüdischen Friedhof der Öffentlichkeit so gut wie entzogen, die Namensauflistung dort unvollständig und der Text verharmlosend.

 

Zunächst war die Rettung der Synagoge, den Ausführungen Dr. Norbert Kirchmanns im Jahr 2011 im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zufolge, "keineswegs populär gewesen. Schließlich habe sich die Mehrheit des Gemeinderats doch dazu durchgerungen, dass die Synagogeninitiative das Gebäude bei der anstehenden Zwangsversteigerung erwerben und die Stadt dazu einen angemessenen Zuschuss geben sollte. Doch die geplante Zwangsversteigerung platzte in letzter Minute. 'Manche wollten das Handtuch werfen', erinnerte Kirchmann; auch Wilhelm Eckenweiler sei damals 'zum ersten und einzigen mal sprachlos und den Tränen nahe gewesen'. Doch habe er sogleich wieder die Initiative ergriffen, die dann 1982 tatsächlich zum Kauf führte."[15] Die Mehrheit der Mitglieder der Initiative Hechinger Synagoge - 70 Prozent - waren keine Hechinger, sondern Auswärtige.

Wiedereröffnung der Hechinger Synagoge

 

Aufgrund des Engagements dieses segensreichen Vereins wurde die Synagoge am 19. November 1986 feierlich und eindrucksvoll wieder eröffnet. Hierbei war auch eine Besuchsgruppe aus Hechingen stammender Juden zugegen.

Schnell entwickelte sich die Synagogennutzung in Richtung einer Gedenk- und Begegnungsstätte und zu einem Ort, an dem der christlich-jüdische Dialog auf lebendige Weise gepflegt wird, dazu gibt es viele weitere kulturelle Veranstaltungen. So führten Schüler in dieser Anfangszeit neuer Nutzung in der Synagoge 1988 das Theaterstück "Sabbat" auf, das von Bernd Storz eigens zum nun besser bekannten Schicksal der jüdischen Gemeinde geschrieben worden war. 1991 wurde die ständige Ausstellung auf der früheren Frauenempore eröffnet.

 

Gedenkort Synagogenstraße

 

Am 25. November 2001 wurde der Gedenkort Synagogenstraße eingeweiht. Als Gedenkstätte "Alte Synagoge Hechingen" war die Synagoge bereits vorher im Gedenkstättenverbund Gäu-Neckar-Alb eingebunden

 

Versuch erneuter gottesdienstlicher Verwendung

 

Ab dem Jahr 2003 wurde die Synagoge von jüdischen Zuwanderern aus den ehemaligen GUS-Staaten, die nach Hechingen zugezogen waren, wieder gelegentlich als jüdisches Gotteshaus genutzt. Nach der Feier des Purimfestes mit Landesrabbiner Netanel Wurmser und dem damaligen Geschäftsführer der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW) Arno Fern plante die IRGW ab Mai 2003 an jedem ersten Samstag im Monat einen Gottesdienst in der Hechinger Synagoge. Es kam aber nach vielen Wegzügen kaum mehr ein Minjan zustande. Danach wurde die Synagoge nur noch sehr sporadisch zu diesem ursprünglichen Zweck oder im Rahmen liturgischer Feste genutzt. Daher, und weil sie eine der ältesten Synagogen im südwestdeutschen Raum ist, trägt sie auch den Namen "Alte Synagoge". 

Heute

 

Die Initiative Hechinger Synagoge e.V. unter dem Vorsitz von Lothar Vees und Kornelia Maas hat ungefähr 100 Mitglieder. Heute findet in der Alten Synagoge auch ein Trialog aller drei abrahamitischen Religionen statt. Zudem wird auf Antiziganismus und die Verfolgung und Vernichtung von Sinti und Roma hingewiesen.

[1]Zitiert nach: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996, S. 28.

[2]Zitiert nach Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde. In: ZHG 20/1984, Seite: 144, beruhend auf Inv.Nr. S 107/5, Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem.

[3]Zitiert in: ebenda.

[4]Zitiert nach: Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde. In: ZHG 20/1984, Seite: 149, beruhend auf dem Notizblatt der Gesellschaft für Erforschung jüdischer Kunstdenkmäler Nr. 26, 1929, S. 7, Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem. Die Begriffe in den eckigen Klammern sind aktuelle Erläuterungen.

[5]Zitiert nach: Otto Werner: Jüdisches Hechingen. Haigerloch 2000, S. 14.

[6]Zitiert nach: Otto Werner: Leon Schmalzbach (1882-1942). Lehrer und Rabbinatsverweser in Hechingen, ZHG 16/1980, S. 144.

[7]Zitiert nach: Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996, S. 207.

[8]Vgl. Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 21f. Der in den Sätzen zuvor dargestellte Vorgang beruht auf dieser Passage.

[9]Zitiert in: Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 23.

[10]Zitiert nach Waldemar Luckscheiter: Die Rettung der Erinnerung - Chronik der alten Synagoge in Hechingen von 1945 bis 1991, in: ZHG 46 (2010), S. 41, Anm. 20. Die Darstellung des Sachverhalts für das Jahr 1979 folgt ebenfalls dieser Publikation und Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 13.

[11]Zitiert nach: Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 13, das Zitat stammt von Wilhelm Eckenweilers Rede zur Eröffnung der Synagoge 1986.

[12]Zitiert nach: Uwe Oster: "Erinnern gegen das Vergessen" - In: Südwest Presse (Hechingen) vom 21.11.2011.Vgl.Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 13

[13]Vgl.Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009, S. 13 und S. 130, Anm. 9.

[14]Zitiert nach Waldemar Luckscheiter: Die Rettung der Erinnerung - Chronik der alten Synagoge in Hechingen von 1945 bis 1991, in: ZHG 46 (2010), S. 41, zitiert wird Dr. Hubert Krins, der damalige Leiter des Denkmalamts Tübingen, dem 1986 noch in der Synagoge vom Hechinger Bürgermeister wegen dieser Aussage mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht wurde.

[15]Zitiert nach Waldemar Luckscheiter: Die Rettung der Erinnerung - Chronik der alten Synagoge in Hechingen von 1945 bis 1991, in: ZHG 46 (2010), S. 43, zitiert wird aus einem Schreiben an die Initiative vom 25.10.1979.

[16]Zitiert nach: Uwe Oster: "Erinnern gegen das Vergessen" - In: Südwest Presse (Hechingen) vom 21.11.2011.

[16]Zitiert nach Waldemar Luckscheiter: Die Rettung der Erinnerung - Chronik der alten Synagoge in Hechingen von 1945 bis 1991, in: ZHG 46 (2010), S. 50.

Verwendete Quellen:

Otto Werner: Leon Schmalzbach (1882-1942). Lehrer und Rabbinatsverweser in Hechingen, in: ZHG 103 (1980)

Manuel Werner: Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde, in: ZHG 20/1984 und 21/1985

Otto Werner: Synagogen und jüdischer Friedhof in Hechingen, Hechingen 1996

Otto Werner: Jüdisches Hechingen. Haigerloch 2000

Otto Werner: Alte Synagoge Hechingen, Haigerloch 2007

Waldemar Luckscheiter, Manfred Stützle: Die Rettung der Alten Synagoge in Hechingen. Hechingen 2009

Waldemar Luckscheiter: Die Rettung der Erinnerung - Chronik der alten Synagoge in Hechingen von 1945 bis 1991, in: ZHG 46 (2010).

Text: Manuel Werner, Nürtingen, alle Rechte vorbehalten!

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Themen: Synagoge Hechingen, Alte Synagoge Hechingen, Geschichte der Juden in Hechingen, inhaltlich verantwortlich/Text: Manuel Werner